Hochwassertagebuch 2013

Hier finden Sie alle Informationen zum Thema Hochwasser in der Ziegelscheune Krippen.

Hochwassertagebuch 2013, aufgeschrieben von der Wirtin

Hochwasser im Elbtal ist im Normalfall keine schlimme Sache. Schneeschmelze oder heftiger Regen haben in der Vergangenheit immer mal wieder zu Hochwasser geführt, dafür hat die Elbe ein Hochwasserbett. Auch ein überfluteter Keller hin und wieder war für uns eigentlich normal. Damit lebt man am Fluß, schon immer siedelten Menschen in Flußtälern und das Leben in einem solchen ist ja auch sehr reizvoll. 2002 traf uns das Elbehochwasser mit einer bis dahin unbekannten Wucht, wir sahen es als einmalige, hoffentlich nicht wiederkehrende Katastrophe an und bauten unseren damals sehr schwer getroffenen Betrieb wieder auf. Gut in Erinnerung ist mir von damals unsere Aufbruchstimmung, die viele Hilfe. Wir meinten, das war ein Jahrtausendhochwasser und wir werden es nicht wieder erleben. Der Juni 2013 belehrte uns eines besseren. Wir müssen jetzt realisieren, daß dieses Ereignis immer wieder kommen kann und wir mußten hinnehmen, daß unser Haus auch diesmal wieder in den Fluten versank.

Die Tage im Juni waren für mich und meinen Mann sehr schlimm. In diesen Tagen faßte ich auch den Entschluß, dieses Hochwassertagebuch zu schreiben. Zum einen möchten wir mit unseren Gästen und Freunden unseres Hauses in Kontakt bleiben, es wäre für uns unvorstellbar schlimm, wenn unsere Gäste wegbleiben - nicht nur für uns, sondern für die ganze Region.

Zum anderen habe ich festgestellt, daß es hilft, sich dieses oder jenes mal von der Seele zu schreiben. Ich werde also in der nächsten Zeit - nicht täglich - über uns und unser Haus berichten, denn nach dem ersten Impuls "jetzt geben wir auf" - haben wir doch relativ schnell beschlossen, die Ziegelscheune erneut aufzubauen - nicht nur für uns, sondern auch für die nach uns kommenden, dieses Haus mit seiner alten Geschichte hat es einfach verdient.

Mai 2013

Heftige Regenfälle, lang andauernd, wir machen uns Sorgen um die Elbe

31.5. Das Hochwasser beginnt, wir registrieren es mit einem Gefühl der Unruhe.

1.6. Die Elbe steigt auf Pegel 3,00 m, angesagt werden 5,50 m, dies ist für uns noch keine Bedrohung. Mittags wird die Prognose auf 8,70 m erhöht mit steigender Tendenz; wir beschließen sofort den Keller zu evakuieren.

18.00 Uhr wird die Prognose weiter erhöht, es können noch keine konkreten Zahlen genannt werden, Gerüchte machen sich breit. So langsam realisieren wir, daß es ein ähnlich schlimmes Ereignis wie 2002 werden wird. Unsere Gefühlslage ist Lähmung und Resignation; trotzdem funktionieren wir. Im Gegensatz zu 2002 bemühen wir uns, Herr der Situation zu bleiben, damals hatte uns die Situation im Griff.

Wir bitten alle Gäste, entweder abzureisen oder ein anderes höher gelegenes Hotel aufzusuchen. Die Pegelvoraussagen werden jetzt weiter erhöht, wir beginnen unverzüglich mit der Evakuierung. Es gestaltet sich schwierig, geeignete Räume und Fahrzeuge zu finden - wir haben einen Nacht und einen halben Tag Zeit, dann können wir nicht mehr durch den Ort fahren.

Mit unseren Mitarbeitern, deren Freunden und unseren langjährigen Freunden arbeiten wir auf Hochtouren. Wir schaffen es, Möbel, Hausrat, Geräte und Vorräte weitestgehend in Sicherheit zu bringen. Ein Gasthaus mitten in der Saison auszuräumen ist eine fast unlösbare Aufgabe. In der Nacht von Sonntag auf Montag verpacke ich mein Büro in Umzugskisten und bin somit nicht mehr handlungsfähig. Montags wird der Strom und das Gas abgestellt, auch Telekommunikation ist nicht mehr möglich. Montag abend verlassen wir mit einem Koffer unser Haus in Richtung Reinhardtsdorf, Fam Helth vom Hotel Wolfsberg bietet uns auch wie schon 2002 ein Zuhause.

Dienstag 4.6. Wir gehen nochmals zu unserem Haus, müssen aber diesmal schon mit dem Ruderkahn ans Haus fahren. Trotzdem bergen wir noch dieses und jenes, Mittags betritt die Elbe schlammig gelb unser Wohnhaus; es liegt etwas tiefer wie das Gasthaus, und bemächtigt sich unseres Erdgeschosses. Zeit für mich zu gehen. An den folgenden Tagen fahren wir täglich mit dem Boot zum Haus, können nicht viel tun, nur zuschauen. Das Wasser steht im Gasthaus 1,20 m hoch und im Wohnhaus 1,60 m. Zum Glück bleiben die Decken zum 1.OG verschont.

8.6. Das Wasser hat sich soweit zurückgezogen, daß wir über Umwege zu Fuß und mit Boot mit 2 Mitarbeitern das erste Mal ins Haus können. Der Anblick ist uns noch gut in Erinnerung von 2002. Schlamm und Wasser, verquollenen Türen. Zum Glück liegt diesmal nicht unser Hausrat und unsere eingelagerten Lebensmittel als stinkender Haufen in der Mitte.

Wir beginnen sofort, dem Schlamm mittels Gartenschlauch und Schneeschieber zu Leibe zu rücken. Nach und nach offenbart sich das ganze Ausmaß des Schadens. Wieder ist die Bausubstanz sehr schlimm beschädigt, fest eingebaute Teile zerstören sich nach Tagen. Sorgen machen sich breit. Wie geht es jetzt weiter? Was wird mit unseren Mitarbeitern? Wird unsere Versicherung ausreichen? Sollen wir nicht besser doch aufgeben? Schlaflose Nächte wechseln sich ab mit Tagen voller Hektik, mit Putzen und Aufräumen, manches erscheint sinnlos. Wir haben kein Telefon, keinen Internetzugang, keinen Strom. Nach Tagen Erleichterung, Strom und Gasnetzte sind wieder intakt. Die Obergeschosse unseres Hauses sind chaotisch, wir versuchen notdürftig zu ordnen und zu sortieren, fahren Möbel von A nach B.Nach den ersten schlimmen Tagen, wissen wir, wir wollen weitermachen. Erste Kontakte mit unserer Versicherung helfen. Ob wir es schaffen, wird die Zukunft zeigen.

17.6. Der Abbruch beginnt, ein böser Moment. Aber nasse Bauteile und durchweichte Dämmung müssen möglichst schnell entfernt werden.

21.6. Wir ziehen wieder in unser Haus ein, leben sehr improvisiert in den Obergeschossen zwischen Umzugskisten. Nach einer weiteren Woche funktioniert das Internet, wir können ersten Kontakt mit Gästen aufnehmen.Ab jetzt beginnt die Phase der Planung, was muß erneuert werden und in welcher Form. Wir wollen weitestgehend hochwassergerecht aufbauen.

Ab dem 24.6. stehen überall im Haus Trockner.

Eine große Freude für uns ist, daß sich in unserem 2012 neu erbauten Appartementhaus, dem Fährmannhaus, die hochwassergerechte Bauweise bewährt hat. Auch hier hatten wir mit Freunden sehr umsichtig evakuiert.Die Schäden sind im Vergleich zur historischen Ziegelscheune relativ gering. Wir hoffen, das Haus Mitte Juli wieder öffnen zu können.

Die Elbe am 6.6.2013
Die Elbe am 6.6.2013
Fahrt mit dem Boot zu unserem Haus
Fahrt mit dem Boot zu unserem Haus
Eingang zum Wintergarten unter Wasser
Eingang zum Wintergarten unter Wasser

8.7.2013

Immer noch stehen im ganzen Haus die Trockner, der Putz ist teilweise abgeschlagen, die Fußböden im Wintergarten und in Mutters Stube entfernt, mein Büro eine leere Hülle. Ich habe in den vergangenen zwei Wochen eine sehr traurige Arbeit verrichtet; mußte den Gästen, die ihren Urlaub bei uns gebucht haben absagen. Viele aufmunternde mails erreichen uns, gute Wünsche und Zuspruch. Dafür sind wir sehr dankbar, es gibt uns das Gefühl, nicht vergessen zu sein.

Die Planung des Wiederaufbaues beginnt, mein Mann arbeitet auf Hochtouren. Wir wollen, wo es geht, hochwassergerecht aufbauen, in einem historischen Haus keine so leichte Aufgabe.

In der vorigen Woche konnten wir das Fährmannhaus mit vielen fleißigen Helfern wieder herrichten, morgen , d. 9.7. werden wir die Feinreinigung machen, letzte Handwerker legen Hand an und am Mittwoch werden wir die ersten Gäste empfangen. Wir sind sehr froh, daß wir dieses Haus schon wieder eröffnen können.

Heute haben wir die Blumenrabatten vor unserem Haus in Ordnung gebracht - wieder ein Stück Normalität. Die Elbe fließt friedlich und niedrig in ihrem Bett, so als wäre nichts gewesen.

 

16.2.2012

Seit meinem letzten Eintrag ist eine ganze Zeit vergangen- heute melde ich mich im Tagebuch das letzte Mal.

Wir haben die vergangenen Wochen und Monate gut genutzt, haben geplant und gebaut.

Es war eine anstrengende Zeit mit Höhen und Tiefen, manchmal waren wir auch mutlos.

Aber viele aufmunternde Worte, die uns immer wieder erreichten, ein Team, welches zuverlässig und loyal uns zur Seite stand und viele Firmen der Region, die unseren Bau ausführten und ausführen haben uns immer Mut gemacht.

Wir haben im Küchenbereich umfangreich umgebaut- wie wir hoffen hochwasserfester als bisher. Ein erneutes Hochwasser, welches ja durchaus im Bereich der Wahrscheinlichkeit liegt, soll uns nicht mehr so hart treffen.

Jetzt geht der Bau in die Endphase, es ist noch sehr viel zu putzen und zu räumen ....

Das Wetter war uns ja in diesem Winter sehr gewogen, wir konnten immer bauen, hatten durch aus Frost und Schnee keine Unterbrechungen. Jetzt liegt das Elbtal schon ein Hauch von Frühling in der Luft und so wie die Tage wieder länger werden, die Sonne wieder höher steht, so steigt auch unsere Zuversicht und Freude auf die kommende Saison.

AM 22 MÄRZ

werden wir unser Gasthaus wieder eröffnen. Wir freuen uns auf unsere Gäste- bis dahin.

Ihre Chr. Strohbach- Knaller und Roman Knaller